Stipendiat*innen im Ehrenamt – Interview mit Tania Farsad

In unserer neuen Rubrik „Stipendiat*innen im Ehrenamt“ stellen wir Ihnen das ehrenamtliche Engagement unserer Stipendiat*innen vor. Denn viele unserer Stipendiat*innen stellen neben ihrem Studium auch Großes auf die Beine: Sie setzen sich für Andere ein und unterstützen ihre Mitmenschen oder gemeinnützige Organisationen unentgeltlich. Wir haben einige unserer Stipendiat*innen gefragt, wie sie ihre Zeit, ihr Können und ihre Kraft einsetzen, um Anderen zu helfen. Diesmal im Interview: Tania Farsad, iranische Medizinstudentin an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz.


Fotocredit: Peter Fuld Stiftung

 

Liebe Frau Farsad, welche Hürden mussten Sie überwinden, um Ihr Ziel in Deutschland Medizin studieren zu können, zu verwirklichen?

Ich bin in Isfahan im Iran geboren worden und zur Schule gegangen. Allerdings war mir schon seit früher Jugend klar, dass ich mein Leben außerhalb des Irans verbringen möchte. Mein Ziel war daher ein Medizin-Studium im Ausland. Nach intensiven Beratungen mit einem iranischen Rechtsanwalt wurde mit der Zeit klar, dass dieses Ziel am ehesten in Deutschland umgesetzt werden kann. Allerdings hatte ich weder Familie noch Bekannte in Deutschland. Ich war bei dieser Reise also weitgehend auf mich alleine gestellt. Außerdem hatte ich nur eineinhalb Jahre Zeit, um ein ausreichendes Deutsch-Niveau zu erwerben, um mich an einer deutschen Universität bewerben zu können. In Deutschland angekommen stellte sich heraus, dass ich von dem Anwalt schlecht beraten war und ich zusätzliche Qualifizierungskurse durchlaufen musste, um überhaupt eine Chance auf eine Zulassung zum Medizin-Studium zu haben. Meine Eltern hatten einen Großteil ihrer Ersparnisse verkauft, um mir das geforderte Startkapital ermöglichen zu können. Dafür werde ich ihnen ewig dankbar sein. Trotzdem musste ich natürlich nach meiner Ankunft nebenher viel arbeiten, um meinen Lebensunterhalt finanzieren zu können, unter anderem als Pflegehelferin an der Universitätsklinik. Erschwerend kam dann hinzu, dass kurz nach Beginn des Studiums die Corona-Pandemie das universitäre Leben vom Campus in die digitale Welt verlagerte. Das machte es zusätzlich schwer für mich, Freunde und Begleiter auf meinem Weg in Deutschland zu finden. Daher fühlte ich mich in dieser Zeit oftmals wirklich alleine. Eine große Last auf meinen Schultern war vor allem auch die Sorge bzw. die Tatsache, dass ich meinen Weg in Deutschland nicht zu Ende bringen kann, wenn ich keine Stiftung finde, die mich unterstützt.

Insofern war die Zusage der Peter Fuld Stiftung ein wirklicher Segen Gottes auf meinem Weg. Auch habe ich inzwischen Freunde gefunden, mein Deutsch erheblich verbessert und meine bisherigen universitären Prüfungen sehr gut bewältigen können. Daher bleibe ich optimistisch, dass ich auch die zukünftigen Hürden auf meinem Weg schaffen kann.

 

Sie haben neben ihrem Studium auch Interesse an sozialen Fragen und engagieren sich im außercurricularen Engagement, unter anderem für den interkulturellen Dialog. Was genau sind Ihre Aufgaben und was hat sie dazu bewogen, sich zu engagieren?

Bereits in Isfahan habe ich mich ehrenamtlich engagiert, vor allem im Bereich der Sozialhilfe und der Umweltgesundheitshilfe am Krankenhaus in Isfahan (dort arbeitet auch meine Mutter als Krankenschwester). Und es war mir wichtig, dass ich mich auch in Deutschland ehrenamtlich engagiere, um den interkulturellen Dialog zu fördern. Eine wirklich tolle Möglichkeit in diesem Bereich ergab sich für mich durch das Projekt „Dolmetschen im sozialen Raum“ (DOOR) in Mainz. DOOR ist ein Projekt der ARBEIT & LEBEN gGmbH, das vom rheinland-pfälzischen Landesministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration gefördert wird. Durch die Vermittlung von Dolmetscher:innen hilft DOOR Zugewanderten bei der Kommunikation in sozialen Einrichtungen, bei Behörden, in Flüchtlingsunterbringungen, in psychotherapeutischen Settings, in Beratungsstellen oder bei Arztbesuchen. Daher ist meine Dolmetscher-Tätigkeit äußerst abwechslungsreich und eine echte Unterstützung für viele Migranten, die sich gerade in diesen Situationen sonst nur unzureichend mitteilen könnten.   

 

Wie können Sie sich in Zukunft vorstellen, sich auch für die Peter Fuld Stiftung einzubringen?

Die Peter Fuld Stiftung ist für mich ein echter Hoffnungsträger innerhalb der deutschen Förderlandschaft. Für Nicht-EU-Bürger wie mich ohne BAföG-Anspruch gibt es ansonsten sehr wenige Optionen, um ein Studium in Deutschland finanziell bewältigen zu können. Daher wäre es eine Ehre für mich, über die Arbeit der Peter Fuld Stiftung auch an Schulen berichten zu dürfen, sozusagen als eine mutmachende Botschafterin. Denn auch die größten Hürden im Leben sind zu schaffen, wenn man Menschen und Stiftungen findet, die an einen glauben!  

 

Was sind Ihre beruflichen Ziele für die Zukunft?

Eine besondere Faszination habe ich für medizinische Forschung auf Weltniveau. Daher bin ich immer wieder beeindruckt von den Möglichkeiten, die Deutschland in diesem Bereich bietet. Besonders spannend finde ich den Bereich der Neurobiologie und ich sondiere bereits Möglichkeiten, um nach dem Physikum meine Doktorarbeit in diesem Bereich verfassen zu können. Mein Vorbild und meine Inspiration ist der iranische Neurochirurg Prof. Madjid Samii, der ebenfalls an der Universität Mainz studierte und das inzwischen weltbekannte International Neuroscience Institute in Hannover gründete. Mein großer Traum wäre es, in der Zukunft an Forschungsprojekten partizipieren zu können, die bisher unheilbare (neurologische) Erkrankungen besser therapierbar bzw. vielleicht sogar heilbar machen könnten.  

 

Vielen Dank für das Gespräch!